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Marktkommentar – Ein Blick auf die Börsenwoche

Selbst solide Geschäftszahlen können immer seltener die Anleger überzeugen und für positive Impulse sorgen. Zugleich bescheren die geldpolitischen und konjunkturellen Unsicherheiten den Aktienmärkten Gegenwind.

Vorsichtige Anleger

Joe Bidens Rückzug als demokratischer Präsidentschaftskandidat wurde von den Börsen kurzfristig positiv aufgenommen. Angesichts ernüchternder Konjunkturdaten und der Unsicherheiten über den Zinspfad der US-Notenbank Fed konnten die Aktienmärkte ihren Schwung allerdings nicht aufrechterhalten. Der Pharmariese Roche blickt derweil auf ein solides erstes Halbjahr zurück. Trotz des wegfallenden Geschäfts mit Corona-Tests lagen Umsatz wie auch Gewinn über den Vorjahreswerten. Als Folge dessen hob das Unternehmen seine Prognose an. Erwartungsgemäss weniger verdient hat der Pharmazulieferer Lonza. Hauptbelastungsfaktor war der wegfallende Impfstoff-Auftrag von Moderna. Weniger rund lief es bei Nestlé. Dank Preissteigerungen und höherer Volumen ist der Lebensmittelmulti zwar um 2.1% gewachsen. Die Analysten hatten jedoch ein stärkeres Plus prognostiziert. Die Aktie sackte zeitweise um über 5% ab. Trotz einer erfreulichen Entwicklung bei den Neugeldzuflüssen vermochte auch Julius Bär nicht zu überzeugen. Immerhin hat mit Stefan Bollinger die Suche nach einem neuen CEO ein Ende gefunden. Der Hersteller von Computerzubehör, Logitech, hat in den Monaten April bis Juni bei Umsatz und Gewinn die Erwartungen übertroffen. Darüber hinaus erhöhte er seine Finanzziele. Dank anziehender Verkaufsvolumen hat auch der Aromen- und Duftstoffhersteller Givaudan sein Semesterergebnis gesteigert. Die Aktien beider Firmen reagierten dessen ungeachtet mit Abschlägen. Der Schokoladenproduzent Lindt & Sprüngli nutzte seine starke Marktposition, um die höheren Kakaopreise an die Konsumenten weiterzugeben. Der Gewinn kletterte um 14.6% auf 292.3 Millionen Franken. Wegen der Konjunkturflaute weniger verdient haben der Industriekonzern Bucher und der Logistikspezialist Kühne + Nagel.

 

US-Tech-Unternehmen mit Licht und Schatten

Dank des Werbegeschäfts und der stabilen Nachfrage im Cloud-Segment hat die Google-Mutter Alphabet ihren Quartalsgewinn um 28.6% gesteigert. Dass die Valoren des Tech-Giganten dennoch ins Minus rutschten, liegt an den hohen Investitionsausgaben und den Bedenken der Investoren hinsichtlich der Monetarisierung von Künstlicher Intelligenz (KI). Bei Tesla sank der Gewinn das sechste Quartal in Folge. Zugleich hat der E-Autobauer zum achten Mal die Erwartungen verfehlt. Die Aktie quittierte das mit einem Minus von über 10%. Ein Lichtblick waren die Zahlen von IBM. Der Chiphersteller profitierte vom KI-Geschäft, dessen Volumen sich mehr als verdoppelte. 

Trübes Konjunkturbild

Der Einkaufsmanagerindex (PMI) für die Wirtschaft in der Eurozone ist im Juli um 0.8 Punkte auf 50.1 Zähler gesunken. Damit hält sich der Indikator nur noch knapp über der Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Von den Bremseffekten der höheren Zinsen besonders betroffen ist nach wie vor die Industrie. Diese zeigt auch in den USA zunehmend Anzeichen einer Abkühlung. Der entsprechende PMI lag mit 49.5 Punkten überraschend im rezessiven Bereich. Der Dienstleistungssektor erweist sich indes als wichtige Stütze der US-Wirtschaft, die im zweiten Quartal annualisiert um 2.8% gewachsen ist.

 

Varta-Aktionäre zahlen die Zeche

Zwischen 2019 und 2021 schoss der Aktienkurs des deutschen Batterieherstellers Varta bis auf 180 Euro. Hohe Schulden und Fehlinvestitionen brachten den Vorreiter in Sachen Lithium-Ionen-Zellen aber in Schieflage. Nun soll dieser saniert werden und anschliessend entweder einem Konsortium rund um den Sportwagenbauer Porsche oder seinen Gläubigern gehören. Für die Kleinaktionäre bedeutet das de facto eine Enteignung. In der Folge büssten die Valoren diese Woche über 80% an Wert ein. Mit gut zwei Euro sind sie nur noch ein Schatten ihrer selbst.

 

Chinas Zentralbank senkt Zinsen

Die People's Bank of China (PBOC) hat überraschend den einjährigen Leitzins von 3.45% auf 3.35% und den fünfjährigen von 3.95% auf 3.85% herabgesetzt. Von den tieferen Kreditkosten erhofft sie sich positive Impulse für die Wirtschaft, die seit längerem unter der Immobilienkrise und der Konsumflaute leidet.

Auf der Agenda

Zinsentscheid USA

Kommenden Mittwoch berät die US-Notenbank Fed über ihre geldpolitische Strategie. Wir erwarten keine Leitziinssenkung.

Aufgefallen

Verbraucher schnallen den Gürtel enger

Wegen der hohen Inflation der letzten Jahre sitzt bei vielen Konsumenten der Geldbeutel nicht mehr so locker. Das bekommen die Unternehmen aus dem Bereich des zyklischen Konsums, wie der Luxusgüter­konzern LVMH, zu spüren.

Chart der Woche

Bruchlandung statt Höhenflug

Kursentwicklung MSCI Europe Airlines vs. MSCI Europe, inkl. Dividenden und indexiert

Quellen: Bloomberg, Raiffeisen Schweiz CIO Office

Sommerzeit ist Urlaubszeit. Viele Menschen nutzen diese, um mit dem Flugzeug in die Ferne zu reisen. Den Aktien der Fluggesellschaften sind dennoch keine Höhenflüge vergönnt. Während der breite MSCI Europe Index im laufenden Jahr einen Wertzuwachs (inkl. Dividenden) von knapp 10% verzeichnet, notiert der MSCI Europe Airlines Index gut 25% im Minus. Belastungsfaktoren sind vor allem die schwächelnde Konjunktur und die zähe Inflation. Letzterer versuchen Branchenvertreter wie Ryanair mittels niedrigerer Ticketpreise entgegenzuwirken, was aber zulasten der Profitabilität geht. 

Publikation «Marktkommentar»

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