

Marktkommentar – Ein Blick auf die Börsenwoche
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) folgt der US-Fed und erhöht den Leitzins vorerst nicht weiter. Beide lassen sich aber eine Hintertür für eine weitere Anhebung offen.
Chart der Woche
Öl treibt Inflation
Ölpreisentwicklung (Brent) und Durchschnittspreise, in US-Dollar pro Barrel
Quellen: Bloomberg, Raiffeisen Schweiz CIO Office
Die aktuelle Entwicklung des Ölpreises verheisst nichts Gutes. Seit seinem Sommertief bei 72 US-Dollar pro Fass der Sorte Brent hat er rund 30% zugelegt und wirkt so wieder zunehmend inflationär. Noch fällt der direkte Vergleich mit dem dritten Quartal des Vorjahres günstig aus. Gegenüber dem Vorquartal oder verglichen mit Anfang Jahr ist das nicht der Fall. Mit den höheren Energiepreisen steigen auch die Produktionskosten, was die Gesamtteuerung hochhalten wird. Eine Entspannung vor der kalten Jahreszeit ist unwahrscheinlich. Dies dürfte die Konsum- und Investitionsfreude weiter eintrüben.
Aufgefallen
Achtung Unkrautvernichter
Die Zulassung für das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat soll in der EU weitere zehn Jahre verlängert werden. Das erstaunt. Hersteller Bayer wurde wegen dessen Verwendung vor einigen Jahren in den USA zu hohen Bussen verurteilt.
Auf der Agenda
KOF-Konjunkturprognose
Am 27. September publiziert die Konjunkturforschungsstelle der ETH (KOF) ihre Wirtschaftsprognosen für das laufende und nächste Jahr.
Die Woche der Notenbankentscheide
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) ist immer für eine Überraschung gut. Wider Erwarten hat sie den Leitzins nicht weiter erhöht, schliesst aber einen weiteren Zinsschritt nicht aus. Vor allem die anstehenden Mietzinserhöhungen dürften die Inflation bereits im vierten Quartal ankurbeln. Wie stark die Anhebung erwartet worden war, verdeutlicht der Franken, der sich deutlich abschwächte.
Weil die US-Notenbank Fed ihren Leitzins unverändert in der Spanne von 5.25 bis 5.5% belassen hat, kam den Worten von Jerome Powell besondere Bedeutung zu. Und der Fed-Chef sprach Klartext: Die Zinsen bleiben länger hoch und könnten bis Ende Jahr nochmals erhöht werden. Gleichzeitig hat die US-Notenbank die Prognosen für das Wirtschaftswachstum angehoben und erwartet einen geringeren Anstieg der Arbeitslosigkeit. Das bedeutet, die US-Wirtschaft befindet sich einer starken Verfassung.
Eine Zinspause gab es auch bei der britischen Bank of England (BoE), obwohl Grossbritannien mit einer hartnäckig hohen Inflation kämpft. Sie ist zuletzt zwar leicht (0.1%) zurückgekommen, liegt mit 6.7% im Jahresvergleich aber immer noch klar über dem Ziel der BoE. Erfreulicher ist die Entwicklung der Kerninflation, die 0.7 Prozentpunkte auf 6.2% zurückkam. Auch die rückläufigen Produzentenpreise deuten auf eine Entspannung hin.
Enttäuschende Nachrichten von der Schweizer Börse
Die Richtungslosigkeit der Schweizer Börse hält seit mehreren Monaten an. Daran hat sich auch diese Woche nichts geändert. Für einen Lichtblick sorgten zwar die Import- und Exportdaten der Schweiz sowie positive Uhrenexporte. Auf die Kurse von Richemont und der Swatch Group hatten sie aber keinen Einfluss. Als eines der letzten kotierten Schweizer Unternehmen hat der Versicherungskonzern Baloise seinen Semesterausweis vorgelegt und damit enttäuscht. Der Gewinn sank um 4.2%. Die Börse quittierte das mit einem Minus von 6.4%. In der Spitze hatten die Titel knapp 10% eingebüsst. Der Pharmaauftragsfertiger Lonza hat sich von seinem CEO Pierre-Alain Ruffieux getrennt, was von der Börse nicht goutiert wurde. Die Aktien verloren nach dieser Nachricht 14.7% und belegen im SMI mit einem Minus von 5.9% den zweitletzten Platz. Zudem wird die Produktion des Corona-Impfstoffs für den US-Konzern Moderna eingestellt. Noch keine Erholung zeigt sich beim Vakuumventilhersteller VAT. Dieser hat die Mitte Juni eingeführte Kurzarbeit bis Ende November verlängert. Eine Besserung wird erst 2024 erwartet. Schwache Nachrichten vermeldete auch der Stahlproduzent Swiss Steel, der seine Jahresprognose kassiert und aktuell keinen Ausblick für das Gesamtjahr wagt.
Euphorie über Börsengänge verfliegt
Mit dem Einkaufslieferdienst Instacart ist es an der Technologiebörse Nasdaq diese Woche zu einem weiteren Börsengang gekommen. Die anfängliche Begeisterung, welche den Kurs zunächst 40% hochtrieb, ist noch während des ersten Handelstages verflogen. Auch die Aktien des Chipdesigners ARM, der sich vergangene Woche dem Publikum geöffnet hat, haben ihre anfänglichen Gewinne mittlerweile mehrheitlich abgegeben. Die Aussichten für weitere Börsengänge, wie denjenigen des Gesundheitssandalen-Herstellers Birkenstock scheinen sich einzutrüben.
Streik im Automobilsektor in den USA
36% mehr Lohn fordern die Autogewerkschaften in den USA. Da die Konzerne nur bis zu 20% geboten haben, hat ein Teil der Arbeiter zu streiken begonnen. Das Besondere daran ist, dass alle drei grossen US-Autoproduzenten – General Motors, Ford und die zur Stellantis-Gruppe gehörende Marke Chrysler – betroffen sind. Insgesamt sind 150'000 Arbeiter gewerkschaftlich organisiert. Damit besteht das Potenzial, den Autosektor empfindlich zu treffen. Hinzu kommen grosse Veränderungen durch die Elektrifizierung des Automobils. Die Margen dürften somit vorerst unter Druck bleiben.
Publikation «Marktkommentar»