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Frankenfrust, Zölle und Tiefzinsen: Was KMU aktuell beschäftigt

Trotz hoher Preise international erfolgreich bleiben, dem Zollhammer die Stirn bieten, unsichere Rahmenbedingungen aushalten und gleichzeitig in die Zukunft investieren: Schweizer KMU stehen vor grossen Herausforderungen. Raiffeisen Chefökonom Fredy Hasenmaile ordnet die wichtigsten Entwicklungen ein.

16.07.2025

Währungen: Der Franken ist nicht so stark wie der Dollar schwach ist.

Tiefer als jetzt lag der Dollar gegenüber dem Franken letztmals vor mehr als 10 Jahren. Für exportorientierte Unternehmen sind das schlechte Nachrichten. Raiffeisen Chefökonom Fredy Hasenmaile sagt: «Preissensitive Branchen leiden darunter, dass ihre Produkte jetzt vergleichsweise teurer sind.» Dazu zählen Nahrungsmittel, Maschinen oder Medizinaltechnik. Er nennt unterschiedliche Strategien, um international und vor allem auch in den USA erfolgreich zu bleiben: «Wichtig wäre, wo möglich weiter an der Kostenschraube zu drehen und zusätzliche Rationalisierungs- oder Automatisierungsmassnahmen ins Auge zu fassen.»

Die aktuelle Entwicklung hat dabei nicht primär mit der Stärke des Frankens, sondern eher mit der Schwäche des Dollars zu tun. «Ursache dahinter sind die vielen Unsicherheiten, welche die Regierung unter US-Präsident Donald Trump mit sich bringt.» Das sorgt zwar auch dafür, dass der Franken als «sicherer Hafen» gesucht wird – aber nicht nur er. «Die jüngste Euro-Stärke hat etwas Druck vom Franken weggenommen. Die Gemeinschaftswährung profitiert von der gelockerten Schuldenbremse in Deutschland und den nun möglichen Infrastrukturinvestitionen», so Hasenmaile. Inflationsbereinigt hat der Franken gegenüber dem Euro seit Jahresbeginn sogar etwas an Wert verloren. Das wiederum dürfte jene Schweizer Unternehmen freuen, die in die EU exportieren.

Zölle: Das Vertrauen in die Verlässlichkeit der USA schwindet.

Im Zollstreit ist das letzte Wort wohl noch nicht gesprochen: Was Trump und seine Regierung tun, ist kaum vorhersehbar, das Vertrauen in die Verlässlichkeit der USA schwindet. «Das Einzige, was man mit Sicherheit sagen kann: Die Unsicherheit bleibt und wir müssen uns daran gewöhnen», sagt Hasenmaile. Der Chefökonom rät Unternehmerinnen und Unternehmern, nicht wie das sprichwörtliche Kaninchen erstarrt vor der Schlange zu sitzen, sondern aktiv nach Chancen Ausschau zu halten.

Wer der Situation mit einem kühlen Kopf begegne, könne in der Zollpolitik auch positive Entwicklungen orten, meint er: «Unternehmen in Ländern, wo die Handelshemmnisse mit den USA besonders gross sind, suchen sich vielleicht neue Partner. Hier können Schweizer KMU in die Bresche springen.» Ohnehin spricht Hasenmaile sich für eine breitere geografische Diversifikation aus, gerade in Richtung Asien, aber auch nach Südamerika. «Dank Freihandelsabkommen wie jüngst mit Mercosur und digitalen Technologien ist das heute wesentlich einfacher als früher.»

Fredy Hasenmaile
«Das Einzige, was man mit Sicherheit sagen kann: Die Unsicherheit bleibt und wir müssen uns daran gewöhnen.»

Fredy Hasenmaile

Chefökonom Raiffeisen Schweiz

Zinsen: Negativzinsen weniger wahrscheinlich, aber möglich.

Die SNB hat den Leitzins Mitte Juni auf 0 Prozent gesenkt. Derzeit geht Hasenmaile davon aus, dass es dabei bleibt. «Die Hürden sind höher, um zu Negativzinsen zurückzukehren – es müsste schon eine deutliche Verschlechterung der Konjunkturerwartung eintreten, damit die SNB erneut zu diesem Instrument greift.» Die Raiffeisen Ökonomen rechnen derzeit eher damit, dass die Schweiz an diesem Szenario verbeischrammt. Die aktuelle Lage ist auch nicht direkt vergleichbar mit der Situation Mitte der 2010er-Jahren, als die SNB letztmalig Negativzinsen beschloss. «Selbst wenn es zu Negativzinsen käme, würden sie wohl kaum so lange Bestand haben wie damals.»

Für viele Unternehmen sind tiefe Zinssätze grundsätzlich eine gute Nachricht: Die Konditionen, um Kapital aufzunehmen und zu investieren, sind vorteilhaft. Es sei wichtig, dass Unternehmen diese Gelegenheit beim Schopf packen: «Die grossen globalen Unsicherheiten könnten Unternehmerinnen und Unternehmer dazu verleiten, abzuwarten und Investitionen erstmal zurückzustellen. Doch das ist die falsche Herangehensweise – sie kostet uns Wachstum», sagt Hasenmaile. Voraussetzung ist aber, dass man in der Vergangenheit seine Hausaufgaben gemacht hat: «Wer jetzt gut aufgestellt ist, hat die besten Chancen, um beim nächsten Aufschwung durchstarten zu können.» Etwas Geduld wird es allerdings brauchen: Wahrscheinlich wird die Schweizer Wirtschaft auch 2026 unterdurchschnittlich wachsen.

Fredy Hasenmaile

Fredy Hasenmaile

Chefökonom Raiffeisen Schweiz

Fredy Hasenmaile ist seit 2023 Chefökonom von Raiffeisen Schweiz und Leiter des Economic Research der Bank. Er analysiert mit seinem Team die nationalen und internationalen Wirtschafts- und Finanzmarktentwicklungen und ist für die Einordnung des Wirtschaftsgeschehens sowie die Prognose von wirtschaftlichen Schlüsselkennzahlen verantwortlich.