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«Geld optimal anzulegen, ist mit viel Arbeit verbunden»

Immer mehr Menschen in der Schweiz entscheiden sich bei ihren Finanzen für ein Vermögensverwaltungsmandat. Das hängt nicht nur mit den tieferen Einstiegshürden zusammen, ist Roland Kläger, Leiter Investment Solutions bei Raiffeisen, überzeugt.

Interview mit Roland Kläger, Leiter Investment Solutions bei Raiffeisen Schweiz

 

NZZ am Sonntag vom 2. Juli 2023
Zahlen aktualisiert per 31. Dezember 2023

 

Laut Bankenbarometer 2023 ist die Schweiz Nummer eins in der grenzüberschreitenden Vermögensverwaltung. Weshalb setzen so viele Leute auf eine umfassende finanzielle Betreuung?

R.K.: Die Motivation ist einfach: Die Leute wollen entweder ein Vermögen aufbauen oder das bestehende sichern. Das erfordert in der Regel eine fachkundige finanzielle Beratung. Das Bewusstsein dafür ist gestiegen, dass man mit schlechten Entscheidungen, vielleicht auch aufgrund unvollständiger Informationen, viel Geld aufs Spiel setzt. Umso wichtiger ist das Vertrauen – in die Beratenden und in das Finanzinstitut.

 

Welche Aspekte werden in einer Vermögensverwaltung mitberücksichtigt?

Wir analysieren für jede Anlegerin und jeden Anleger die persönliche Situation bezüglich Vorsorge, Pension, Verbindlichkeiten wie Hypothekarzinsen, Ausbildung und so weiter. Daraus leiten sich das Anlagevolumen und die Anlagestrategie ab.

 

Damit könnte man doch auch allein aktiv werden? Fehlt das nötige Finanzwissen, um passende Anlageentscheide selbstständig zu tätigen?

Geld optimal anzulegen, ist mit viel Arbeit verbunden und kann komplex sein. Denken Sie beispielsweise an die permanente Analyse der weltweiten Konjunktur, der Entwicklung der Unternehmensgewinne, der Zinsen, der politischen Risiken und vieler weiterer Faktoren. Diese Informationen muss man dem aktuellen Portfolio gegenüberstellen und entscheiden, ob Anpassungen nötig sind. Nein, es mangelt nicht immer an Finanzwissen. Oft fehlt einfach die Zeit oder das Interesse.

 

Wem würden Sie also ein solches Mandat empfehlen?

Typische Kundinnen und Kunden gibt es nicht – auch deshalb bieten wir in der Vermögensverwaltung viele Umsetzungsmöglichkeiten an. Ein wichtiges Argument für eine solche Lösung ist häufig, dass das Wissen über die globale Wirtschaft und die Märkte oder eben vor allem die Zeit fehlt. Oft wird ein grosser Teil der Gelder in der Vermögensverwaltung als Kern platziert und als kleiner Satellit noch ein Portfolio geführt, das selber verwaltet wird.

 

Mit dem Abschluss eines Vermögensverwaltungsmandates ist in der Regel ein gewisses Mindestvermögen vorausgesetzt. Zudem gilt die Lösung nicht unbedingt als günstig. Ist das Angebot nur etwas für Reiche?

Die digitale Vermögensverwaltung Raiffeisen Rio startet bei uns bei 5’000 Franken, die klassische Vermögensverwaltung bei 50’000 Franken. Insbesondere die digitale Vermögensverwaltung zeigt, dass die Eintrittshürden bezüglich des Volumens massiv gesunken sind. Natürlich ist die Verwaltung der Portfolios auch mit Kosten verbunden. Dabei handelt es sich aber um eine Pauschalgebühr, in welcher beispielsweise Beratung, Verwaltung, Transaktionskosten oder auch ein Steuerreporting enthalten sind. Je nach Aktivität können die Kosten für Transaktionen bei einem selbstverwalteten Portfolio die Gebühren einer Vermögensverwaltung schnell übersteigen. Die Zunahme der verwalteten Vermögen zeigt zudem: Der Irrglaube, dass es nur Anlagelösungen für sehr Vermögende gibt, verschwindet langsam.

 

Seit einigen Jahren konkurrieren immer mehr Online-Vermögensverwalter und Robo-Advisor mit traditionellen Anbietern. Wie unterscheiden sich die Angebote?

Zunächst einmal muss man tatsächlich zwischen einer digitalen Vermögensverwaltung und einem Robo-Advisor unterscheiden. Bei der digitalen Vermögensverwaltung werden die Entscheide an die Bank delegiert, beim Robo-Advisor treffen die Anlegenden die Entscheide selber. Gewisse Anbieter versuchen sich über einen tieferen Preis zu differenzieren. Doch die Preisunterschiede sind bei den digitalen Lösungen gering. Andere Aspekte spielen eine wichtigere Rolle. So sind gewisse Angebote spielerischer ausgerichtet, mit vielen Optionen und Community-Funktionen. Andere wiederum sind sehr einfach gehalten und mit modularen Bausteinen umgesetzt.

 

Wie sehr setzen Sie in der Vermögensverwaltung selber auf neue Technologien?

Tatsächlich analysieren wir systematisch eine sehr grosse Menge an Marktdaten, deren Ergebnisse wir in unsere Anlageentscheide einfliessen lassen. Diese Daten zeigen, wie die Marktteilnehmer positioniert sind und wie sich die Dynamik entwickelt. So kann das Herdenverhalten der Investorinnen und Investoren beispielsweise immer wieder vor Übertreibungen warnen. Mit einem Vermögensverwaltungsmandat profitieren die Anlegerinnen und Anleger von einer Infrastruktur und umfassenden Analysen, die Privaten kaum zugänglich sind.

 

 

 

Portrait von Roland Kläger
«Je nach Aktivität können die Kosten für Transaktionen bei einem selbstverwalteten Portfolio die Gebühren einer Vermögensverwaltung schnell übersteigen.»

Roland Kläger

Leiter Investment Solutions bei Raiffeisen Schweiz

Mit dem Vermögensverwaltungsmandat gibt man die Entscheidungsgewalt an die Bank ab. Kann ich bei Bedarf trotzdem eingreifen?

Das Wichtigste bei einer Vermögensverwaltung ist die Wahl der passenden Strategie. Diese muss der Risikofähigkeit, aber auch der Risikobereitschaft der Anlegerinnen und Anleger entsprechen. Dann sollten auch die persönlichen Präferenzen Einfluss finden: Will ich beispielsweise einen besonderen Fokus auf die Schweiz legen? Oder auf Nachhaltigkeit? Sobald die Strategie festgesetzt wurde, wollen die Investierenden in der Regel nicht mehr eingreifen.

 

Und wenn ich meine Meinung revidiere?

Wenn sich beispielsweise die Präferenzen ändern oder man die Risiken doch erhöhen oder reduzieren will, kann man das jederzeit anpassen. Genauso wie man auf täglicher Basis auch das Portfolio saldieren kann. Die erfolgreichsten Anleger sind aber übrigens diejenigen, welche die Anlagestrategie sauber erarbeiten, ihr treu bleiben und sie danach nicht bei jeder Marktturbulenz hinterfragen müssen.

 

Wie reagiert denn die Bank auf aktuelle Marktveränderungen?

Diese werden im Anlagekomitee analysiert und anschliessend taktische Änderungen beschlossen. Dort wird beispielsweise entschieden, ob die Aktienquote angepasst werden soll und über welche Länder das zu erfolgen hat. Die Portfoliomanager entscheiden dann, mit welchen Anlageinstrumenten man dies am besten umsetzen kann.

 

Wie kann ich das als Kunde nachvollziehen?

Unser Anlageprozess ist sehr transparent und nachvollziehbar – von der strategischen über die taktische Vermögensaufteilung, zum Entscheid über die einzelnen Transaktionen, bis zum Nachweis darüber, was diese Entscheide gebracht haben. Anlegerinnen und Anleger delegieren zwar die Entscheide, werden aber darüber informiert und können über unsere Publikationen zur Anlagestrategie immer verfolgen, wie wir die Märkte aktuell einschätzen.

 

Welche Anlageideen sind in der Vermögensverwaltung besonders gefragt?

Der Trend zu Künstliche Intelligenz und Technologieunternehmen, die davon profitieren, wird sich fortsetzen. Aus Anlegersicht beobachten wir in diesem Bereich allerdings auch viel Hoffnung und Übertreibungen. Gerade mit einer konjunkturellen Eintrübung suchen wir eher die sicheren Werte mit Substanz, die nicht primär von hohen Erwartungen getrieben sind, sondern von soliden Umsätzen und Gewinnen. Obligationen konnten vom Zinsniveau profitieren. Immobilienanlagen, besonders auf dem Schweizer Markt, sind nach der Bewertungskorrektur ebenfalls interessant. Gold bietet als Beimischung kontinuierlich Renditepotenzial. Bewährte Tugenden wie Diversifikation und Fokus auf Qualität bleiben weiterhin wichtig, getreu dem Motto «Investieren statt Spekulieren». Besonders in einem volatilen Marktumfeld bietet sich also eine aktive Anlagetaktik mit defensiver Ausrichtung an.

 

Und wie sieht es mit Nachhaltigkeit aus? Immerhin hat Raiffeisen im November 2022 als erste nationale Retailbank ein Impact-Vermögensverwaltungsmandat lanciert.

Dieses Mandat ist für Anlegende, die über die reine Renditechance hinaus besonderen Wert auf eine positive, messbare ökologische und soziale Wirkung legen. Auch thematische Anlagen kommen in diesem Mandat zum Einsatz, wie beispielsweise ein Fonds zum Thema «nachhaltige Energie» oder «Wasser». Bei den Obligationen setzen wir zum Beispiel stark auf Green Bonds. Zudem sind im Mandat Mikrofinanzfonds enthalten. Wir schauen, wie weit die investierten Unternehmen im Einklang mit den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen, den 17 Sustainable Development Goals, sind und weisen dies – neben anderen Nachhaltigkeitsindikatoren – auch in unseren Portfolioreportings aus.

 

Wie nachhaltig sind die übrigen Vermögensverwaltungsmandate?

Eine nachhaltige Umsetzung der übrigen Mandate ist uns sehr wichtig, denn wir sind der Überzeugung, dass Aspekte der nachhaltigen Unternehmensführung, des Sozialen und der Ökologie die klassische Finanzanalyse ergänzen und wir somit noch bessere Anlageresultate erzielen können. Unsere Nachhaltigkeitskriterien haben wir deshalb im vergangenen Jahr systematisch in unsere Mandate integriert.

 

Die Fachpresse jedenfalls haben Sie überzeugt: Raiffeisen wurde im Private-Banking-Rating 2023 des Wirtschaftsmagazins «Bilanz» zur Gesamtsiegerin erkoren. Wie stolz macht Sie das?

Natürlich ist man über Auszeichnungen von unabhängigen Stellen stolz, insbesondere, da wir diese Auszeichnung wiederholt erhalten haben. Den Ausschlag hierfür gab die überzeugende Leistung von Raiffeisen in der ganzheitlichen Beratung sowie bei der Ausarbeitung einer komplexen und anspruchsvollen Anlage- und Finanzierungslösung. Die ganzheitliche Beratung steht für uns im Mittelpunkt, um ganz genau zu verstehen, was das Bedürfnis und die Ziele unserer Kundschaft sind.

Portrait von Roland Kläger

Roland Kläger

Leiter Investment Solutions, Raiffeisen Schweiz

Roland Kläger arbeitet seit 2013 bei Raiffeisen Schweiz und ist in dieser Funktion verantwortlich für das Investment Advisory und das Portfolio Management. Davor war er in leitenden Funktionen bei HSBC Private Bank (Suisse) SA und der Neuen Aargauer Bank tätig. 2003 hat er sein Studium an der Universität St. Gallen (HSG) abgeschlossen.

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