«Wie regle ich die familieninterne Unternehmensnachfolge fair und tragbar?»

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Übernimmt ein Kind das Familienunternehmen, sollen die anderen Kinder keinesfalls leer ausgehen. Neben Fairness ist aber auch die Tragbarkeit entscheidend: Denn die Nachfolge kann sich als finanzielle Belastung entpuppen. Erfahren Sie hier, wie Sie vorgehen müssen, damit es keine bösen Überraschungen gibt.

 

 

Nachfolger in Nöten

Roland Wyss war Unternehmer mit Leib und Seele. Dass er sein Lebenswerk bei der Pensionierung seinem Sohn Marc übergeben konnte, war für den Witwer ein grosses Glück. Um Marc die Finanzierung zu erleichtern, hat Roland ihm die Einzelunternehmung zu einem stark reduzierten Preis überlassen, ihm also einen grossen Teil geschenkt. Marcs Schwester war damit einverstanden – Hauptsache, der Schreinereibetrieb blieb in der Familie.

Zehn Jahre später ist Roland Wyss nun nach kurzer Krankheit überraschend verstorben. Marc und seine Schwester trauern – und für Marc kommt bald ein weiterer Schlag hinzu: Er soll seiner Schwester einen hohen Betrag zahlen, damit das Erbe gerecht aufgeteilt ist. Marc muss nämlich nicht nur die damals erhaltene Schenkung seines Vaters ausgleichen: Auch einen Teil des Mehrwerts, den Marc seit der Firmenübernahme vor 10 Jahren mit seinem Unternehmen geschaffen hat, muss er seiner Schwester überlassen. Marc ist in einer Zwickmühle: Er ist nicht flüssig genug, um seine Schwester auszuzahlen. Wird er sich nicht einig mit ihr, bleibt ihm nichts anderes übrig, als das Unternehmen ganz oder teilweise zu verkaufen.

 

Das Problem: Das Unternehmen fällt unter die Ausgleichspflicht

Damit eines der Kinder das eigene Unternehmen übernehmen kann, erlassen Unternehmer diesem oft einen Teil des Verkaufspreises (gemischte Schenkung) oder verschenken die Firma im Rahmen eines Erbvorbezugs sogar ganz. Das Problem: Stirbt der Unternehmer, greift die erbrechtliche Ausgleichspflicht. Heisst konkret: Die geschenkte Summe wird bei der Erbteilung berücksichtigt und dem Erbe des Nachfolgers angerechnet. Ist das Geschenk grösser als der Teil, der ihm von Gesetzes wegen zusteht, muss er die anderen Erben entsprechend auszahlen. Oft fehlen dem Geschäftsnachfolger aber die flüssigen Mittel dazu.

 

Ausgleichspflicht Unternehmensnachfolge

Ausgleichspflicht Unternehmensnachfolge

Kommt hinzu: Im Erbfall gilt der aktuelle Wert des Unternehmens und nicht der damalige Wert zum Zeitpunkt der Übergabe, also wie wenn es sich beim Tod Erblassers noch in dessen Vermögen befunden hätte. Das Kind, das die Unternehmung übernommen hat, muss also nicht nur das damalige Geschenk ausgleichen, sondern auch einen Teil des seit der Geschäftsübernahme entstandenen Mehrwerts. Übersteigt der auszugleichende Betrag die Zahlungskraft des Nachfolgers, muss das Familienunternehmen im schlimmsten Fall verkauft werden.

 

Die Lösung: spezifische Ausgleichsregelungen

Auch wenn es grundsätzlich im Sinne des Unternehmers ist, dass alle Kinder bei der Erbteilung gleichbehandelt werden: Die vom Gesetzgeber vorgesehene Ausgleichspflicht ist in vielen Fällen nicht ideal. Es gibt aber Möglichkeiten, mit einem gemeinsam abgeschlossenen Erbvertrag selber Regelungen zu treffen. Darin können die Beteiligten die Dinge so festlegen, dass es für alle Erben fair und die Nachfolgelösung finanziell tragbar ist. Sie können insbesondere:

  • die Ausgleichssumme bestimmen
    Sind alle einverstanden, gilt zum Beispiel der Wert des Unternehmens bei dessen Übergabe für den Ausgleich und nicht der Marktwert zum Zeitpunkt der Erbteilung. Falls das Unternehmen später an Wert gewinnt, kommen keine unberechenbaren Kosten auf den Nachfolger zu. Falls es an Wert verlieren sollte, sind die übrigen Erben davon ebenfalls nicht betroffen. Mit einer solchen Regelung wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Wertentwicklung eines Unternehmens sehr stark durch die Entscheidungen des Unternehmers beeinflusst wird.
  • den Zeitpunkt der Auszahlung bestimmen
    Wird vereinbart, dass der Nachfolger seinen Geschwistern die Schenkung zum Beispiel erst nach spätestens 10 Jahren oder in Form eines Zahlungsplans ausgleichen muss, bleibt ihm Zeit, die notwendige Summe aus den erwirtschafteten Gewinnen abzuschöpfen.

 

Weitere Möglichkeiten, um die Unternehmensnachfolge für alle Erben fair und tragbar zu regeln:

  • Den anderen Kindern zum Zeitpunkt der Übergabe eine Schenkung im gleichen Wert zukommen lassen (sofern das Vermögen dazu ausreicht). Ohne zusätzliche Regelungen müsste aber der Nachfolger des Unternehmens nach wie vor den seit der Übergabe entstandenen Mehrwert zur Ausgleichung bringen.
  • Die finanzielle Kontrolle als Unternehmer behalten, den Nachfolger als Geschäftsführer einsetzen und das Unternehmen erst nach dem Tod an den Nachfolger vererben. Der Nachfolger erhält das Unternehmen somit in Anrechnung an seine Erbansprüche. Die Ansprüche der anderen Erben dürfen durch eine solche Zuteilung jedoch nicht unterschritten werden, ansonsten muss sie der Nachfolger entsprechend auszahlen. Eine solche Regelung setzt somit voraus, dass entweder das übrige Vermögen im Nachlass gross genug ist, oder dass der Nachfolger über genügend eigene finanzielle Mittel verfügt, um die Miterben auszuzahlen. 

Der Unternehmer kann seinen Nachfolger übrigens auch via Testament von der Ausgleichspflicht befreien. Dabei darf er allerdings die sogenannten Pflichtteile – die gesetzlich vorgeschriebenen Mindesterbanteile – der anderen Erben nicht verletzen. Sonst wäre das Testament anfechtbar. Mehr zur Erbteilung erfahren Sie hier.

 

Fazit: Packen Sie die Nachfolgeregelung frühzeitig an

Glühbirne

Beim Vererben von Unternehmen gibt es viele Stolpersteine, die Sie für den Fall der Fälle aus dem Weg räumen sollten. Kümmern Sie sich zudem um eine faire Erbverteilung. Seien Sie kritisch: Stellen Sie sich die Frage, ob es überhaupt realistisch ist, dass eines Ihrer Kinder seine Geschwister zu einem späteren Zeitpunkt ausbezahlen kann. Am besten beziehen Sie alle Beteiligten ein und gehen das Thema ohne Zeitdruck zusammen mit Experten an. 

Falls noch nicht vorhanden: Erstellen Sie bei der Gelegenheit auch gleich einen Vorsorgeauftrag, dieser ist für Unternehmer essenziell! Ohne Vorsorgeauftrag ist die Fortführung Ihres Unternehmens stark eingeschränkt oder sogar blockiert, falls Sie einmal urteilsunfähig werden sollten. Erfahren Sie hier mehr zu Urteilsunfähigkeit bei Unternehmern

Durchschnittlich dauert die Nachfolgeregelung innerhalb der Familie knapp 7 Jahre. Und bei rund 30 Prozent aller Schweizer KMU scheitert die Nachfolge. Werden Sie also jetzt aktiv und holen Sie sich Experten zur Seite.

 

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