Wohnen im alten Bauernhaus
Neben dem Kachelofen ein Buch lesen, im Dachstock Schallplatten hören oder durchs spektakuläre Treppenhaus wandeln: In einem alten Bauernhaus mit angebauter Wagnerei im thurgauischen Eschlikon haben Evelyne und Tito Mayer ihren Wohntraum verwirklicht.
Stefanie Rigutto
Autorin
Er ist Maschineningenieur, sie arbeitet im Marketing – gemeinsam ist ihnen die Liebe zu alten Gebäuden. Als sie vor über zehn Jahren das Inserat im Internet sah, wusste Evelyne Mayer sofort: Das ist das richtige Haus. Ein altes Thurgauer Bauernhaus aus dem 18. Jahrhundert mit markanter Riegelfassade, ergänzt mit einem Anbau, wo einst eine Wagnerei stand. «Das Haus war so heimelig und charmant, es hat mich sofort überzeugt», sagt Evelyne Mayer. Ihr Mann war vorsichtiger: «Das Gebäude war zwar in einem sehr guten Zustand, aber die Infrastruktur ziemlich veraltet. Mir war klar: Hier wartet viel Arbeit auf uns!»
Fünf Jahre lebten die Mayers in dem Bauernhaus und sammelten Ideen, führten Gespräche mit Experten und suchten den passenden Architekten. «Wir wollten uns die Zeit nehmen, eine Vision zu entwickeln. Für uns, die wir nicht aus der Baubranche kommen, gab es viel zu recherchieren», sagt Tito Mayer. Dann legten sie los und realisierten weitere fünf Jahre ihren ganz eigenen Wohntraum. «Das erste Jahr war sehr intensiv», sagt Evelyne Mayer. Da hätten sie jeden Abend und jedes Wochenende gearbeitet – und zugleich immer im Haus gewohnt. Dank dem Ingenieur-Wissen von Tito Mayer konnten sie vieles in Eigenregie machen. Jetzt fehlt nur noch ein letztes Puzzlestück: «Momentan bin ich dabei, den Balkon zu konstruieren. Dann sind wir fertig», sagt Tito Mayer, der mittlerweile in der alten Wagnerei sein Ingenieur-Büro eingerichtet hat.
Das Ergebnis? «Wir sind sehr glücklich», sind sich die beiden einig. Die Arbeit mit dem alten Material habe grossen Spass gemacht. «Wir haben viel gelernt – und würden jederzeit wieder ein altes Haus umbauen». Die Mayers lassen das Resultat Revue passieren:
«Wir wollten an der alten Bausubstanz nichts ändern, aber doch einen modernen Wohnkomfort schaffen. Im ganzen Haus gilt daher der Grundsatz: Alt bleibt alt – und Neues soll einen Kontrast schaffen. So auch in der Küche: Wir haben den Holzherd zerlegt, gereinigt, defekte Teile nachgebaut und zusammen mit dem Hafner wieder aufgebaut. Ergänzt haben wir die ursprünglichen Elemente wie die alte Steinwand mit einer sehr modernen Küchenkombination.»
«Die Räume – so auch das Wohnzimmer – sind grosszügig. Das haben wir erreicht, indem wir teilweise die inneren Ausfachungen entfernten. Die alten Balken und Strukturen zu erhalten war uns sehr wichtig. Unsere Wünsche und Ideen deckten sich mit denen der Denkmalpflege. Weil wir viel Altes bewahrten, konnten wir von einem finanziellen Zustupf der Denkmalpflege und der Gemeinde profitieren.»
«Als wir das Haus gekauft haben, war es nicht isoliert. Heute, nach der Renovation, brauchen wir gleich viel Energie für das ganze Haus wie früher für drei Zimmer. Wir haben Wandheizungen realisiert und mit Lehm verputzt. Lehm schafft eine wunderbare warme Atmosphäre. Der Kachelofen wurde neu aufgebaut: Er ist so romantisch und gemütlich – und passt wirklich gut ins Haus. Die Kacheln konnten wir von der Denkmalstiftung Thurgau erwerben. Als Unterstützung heizen wir mit Gas, dessen Wärme wir über die Wände verteilen.»
«Man kann es sich fast nicht mehr vorstellen: Hier war früher keine Treppe! Sondern der Stall und die Jauchegrube und darüber das alte Bad und der Wäscheraum. Es war keine erhaltenswerte Bausubstanz, weshalb wir uns für ein grosszügiges Treppenhaus entschieden. Die Konstruktion der Treppe war uns sehr wichtig – wir wollten eine leichte, lichtdurchflutende Bauweise. Wir sind überzeugt: Es ist uns gelungen!»