Neue Horizonte
Beim vollumfänglichen Umbau eines Einfamilienhauses in Muttenz haben Steinmann Berger Architekten mit einem Anbau, der als moderner Kubus gestaltet wurde, neue Sichtweisen eröffnet, die den Bezug zum Aussenraum stärken.
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Ein Beitrag von metermagazin.com für Raiffeisen, Autorin: Alina Walser und Fotograph: Thomas Hämmerli
Eine klassische Schönheit
Als dieses Einfamilienhaus 1932 erbaut wurde, stand es noch ganz alleine mitten in einem Rebberg und hatte sogar einen kleinen Schafstall. 90 Jahre später ist der Hang beinahe komplett überbaut, die Schafe grasen inzwischen woanders. Doch die wertvollsten Qualitäten konnte die sich wandelnde Umgebung dem Gebäude nicht rauben: seine zeitlose Architektur sowie den wundervollen Ausblick in die Vogesen. «Das Haus ist eine klassische Schönheit – und dies wollten wir auch so belassen», erzählt Architekt Urs Steinmann. Äusserlich haben Steinmann Berger Architekten demnach das Aussehen des Bestands durch eine zartere Farbgebung und ein elegantes Schmiedeeisen-Balkongeländer lediglich verfeinert. Da sich die Bauherrschaft jedoch eine geräumigere Küche sowie eine offenere Raumstruktur mit mehr Bezug zum Garten wünschte, kam es beim Grundriss zu grösseren Eingriffen. Um mehr Raum zu schaffen, entschloss man sich für einen Anbau. Dieser wurde bewusst als moderner Kubus gestaltet, der sich vom Bestand abhebt, damit die «klassische Schönheit» ihre Integrität bewahrt.
Perspektivenwechsel
Bereits in den 1980er Jahren wurde ein gedeckter Sitzplatz auf der Südseite des Hauses erstellt. Da dieser jedoch weit hinten am Hang lag, war die Aussicht Richtung Sonnenuntergang über der Stadt Basel durch die Hausecke versperrt. So entschieden sich die Architekten genau hier, möglichst am Hang anliegend, den neuen Küchenanbau zu platzieren. Seine Dimensionen waren hang- und gartenseitig von den Grenzabständen definiert, auf der Vorderseite von einem Fenster, das bestehen bleiben sollte. Doch in der Vertikale gab es etwas Spielraum: «Der Anbau ist mit drei Stufen höher gesetzt als das Erdgeschoss des Hauses. Dies ergab sich durch das natürliche Hanggefälle und hat zu einer schönen Einpassung ins bestehende Terrain geführt», sagt Architekt Urs Steinmann. Bei der Raumhöhe wurde das Maximum bis an die Fenster des Obergeschosses ausgereizt.
Vom neuen Sitzplatz eröffnet sich nun die Sichtachse Richtung Basel im Westen. Und dieser Blick setzt sich im Innern des Anbaus nahtlos fort, denn die Fenster von Sky-Frame mit ihrer feinen Profilierung lassen die Sicht völlig ungestört. So entsteht die Illusion eines reinen Glaskubus. «Als wir im Wohnzimmer standen und nach draussen schauten», erzählt Steinmann, «verwarfen wir unseren Plan eines abgestützten Vordachs sogleich wieder. Die Pfosten hätten den Blick ins Freie gestört. Deshalb entschieden wir uns, das Vordach etwas kürzer und auskragend zu gestalten.» Mit ihrer atemberaubenden Aussicht hat sich die Küche schnell zum Herzstück des Hauses gemausert. Hier empfängt man Gäste oder geniesst bei einem stillen Kaffee die Himmelsstimmungen. Auch in der Nacht sollte der Bezug zum Aussenraum nicht fehlen. Deshalb wurden im Garten strategisch einzelne Leuchten gesetzt, die die alten Bäume auf dem Grundstück dezent anstrahlen und so bei einer Abendbrise die Blätter vor dem Fenster tanzen lassen. Ausserdem sorgt ein beleuchtetes Wasserbecken vor dem Küchenfenster in der Dämmerung für ein faszinierendes Lichtspiel an der Decke des Anbaus.
Offen und edel
Von der kleinen Küche über den dunklen Gang bis zum winzigen, in den 1980er-Jahren angebauten Büro – das Erdgeschoss war kleinteilig und eng. Hier wurde ein einziger offener Wohnraum geschaffen, die tragende Wand durch Stützen ersetzt. Dank des Entfernens der alten Decken und des Offenlegens der Balken konnten sogar in der Höhe 20 Zentimeter dazugewonnen werden, was dem Raum noch mehr Grosszügigkeit verleiht. Die designaffine Bauherrschaft entschied sich durchgehend für klassische Materialien, die eine Kontinuität zwischen Alt und Neu schaffen. So zieht sich zum Beispiel ein Massivholz-Eichenparkett vom Bestand durchgehend in den Anbau. Eine antike Flügeltür – ein Fund der Bauherrin, die von den Architekten feinsäuberlich eingepasst wurde – führt vom Wohnraum in die Küche mit edlen Marmorelementen. Ein Besenstrichverputz mit Keimfarben sorgt für Dimension und feine Farbnuancen, während die eigens von der Bauherrschaft ausgewählten italienischen Designleuchten von den Architekten in Präzisionsarbeit gesetzt wurden. «Wir haben durchgehend auf eine gute Abstimmung von glänzenden und matten Oberflächen geachtet», so Steinmann. Entstanden ist ein stilvolles Ganzes, das zeitlos wirkt und zugleich den modernen Wohnansprüchen der Bauherrschaft gerecht wird.