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Forschungs- und Werkplatz Schweiz: «Die wirklich guten Ideen sind einfach»

Die Kyburz Switzerland AG ist eine Elektrofahrzeug-Herstellerin der ersten Stunde. Gründer und CEO Martin Kyburz hat sein erfolgreiches Unternehmen von Grund auf selbst aufgebaut. Seine typisch schweizerische Mischung aus Erfindergeist und Bescheidenheit widerspiegelt sich in den Fahrzeugen.

03.11.2025

Wer kennt sie nicht, die Elektrofahrzeuge von Kyburz? Sie begegnen einem, wenn der Pöstler Briefe verteilt oder die betagte Nachbarin einkaufen fährt. Die praktischen Drei- und Vierräder sind vor allem bei der Post, in Gemeinden, Industriebetrieben und bei gehbehinderten Personen beliebt. So unscheinbar sie wirken, so viel Entwicklungsarbeit steckt in ihnen – und eine Haltung, die sich konsequent an den Bedürfnissen der Nutzer orientiert.

 

Ein ruhiger Geist erlaubt Innovation

«Die wirklich guten Ideen sind einfach», sagt CEO Martin Kyburz. Sein Verhältnis zu Innovation ist so pragmatisch wie die Elektrofahrzeuge, die sein Unternehmen im zürcherischen Embrach entwickelt. Innovation sei Lösungsfindung, so der gelernte Maschinenmechaniker und Elektroingenieur. Und diese Lösung müsse verschiedene Bedürfnisse abdecken. «Als Ingenieur möchte ich alle Anspruchsgruppen strukturieren.» Ein ruhiger Geist sei die Voraussetzung für Innovation. «Ich brauche Anspannung, wenn ich mich mit einer Sache auseinandersetze. Und ich brauche Ruhe, um diese Gedanken zu prüfen. In der Anspannung entstehen keine schlauen Lösungen.»

Martin Kyburz
«Ich brauche Anspannung, wenn ich mich mit einer Sache auseinandersetze. Und ich brauche Ruhe, um diese Gedanken zu prüfen.»

Martin Kyburz

CEO Kyburz Switzerland AG

Pionier für Elektromobilität

Martin Kyburz, CEO der Kyburz Switzerland AG, muss es wissen. Er hat ganz klein angefangen – so wie Bill Gates in der eigenen Garage. Der junge Ingenieur war fasziniert von Autos, insbesondere von der Tour de Sol, ein Rennen mit solarbetriebenen Elektroautos. «Die Einfachheit des Elektromotors hat mich immer fasziniert. Benzin- und Dieselmotoren haben vergleichsweise einen schlechten Wirkungsgrad und einen komplizierten Aufbau», erzählt Martin Kyburz. «Ich habe früh an die Elektromobilität geglaubt und wollte sie effizienter machen, etwa mit Leichtbau. Dahinter steckte noch kein geschäftliches Interesse, sondern einfach Neugier.»

 

Von der Solarmobil-EM an den Autosalon Genf

1991 baute Martin Kyburz das Elektromobil «Cheetah» und gewann damit den 1. Platz an der Europameisterschaft der Solarmobile in der Kategorie «Prototypen». Dann wurde «Cheetah» 1993 am Autosalon Genf präsentiert – und sorgte für Furore. «Die Leute waren begeistert. Mit diesem Fahrzeug haben wir nicht nur ein neues Produkt, sondern auch eine völlig neue Denkweise präsentiert.» Martin Kyburz hätte sich danach eine gute Anstellung aussuchen können, doch er wollte nicht. «Ich war und bin ein Freigeist.» Und als solcher will er seine Mission fortsetzen, die immer auf der Frage fusst: «Wenn ich etwas kreiere, wem hilft das?»

«Cheetah» war nicht nur Martin Kyburz’ Gesellenstück, sondern der Startschuss für den Erfolg seiner Firma. Heute beschäftigt die Kyburz Switzerland AG rund 170 Mitarbeitende, und über 30'000 Kyburz-Fahrzeuge sind zurzeit auf der ganzen Welt unterwegs. Trotz seines Erfolgs ist Martin Kyburz bescheiden geblieben. «Als mittelmässiger Mechaniker und Ingenieur hätte ich in der klassischen Autoindustrie keine Chance gehabt», sagt er und lacht.

Herr Kyburz, was schätzen Sie am Standort Schweiz?

Lebensqualität: Ich lebe sehr gerne hier und schätze unsere Kultur der Bescheidenheit und des «Leben und leben lassen». Wir haben ungeheuer viel Stabilität, eine hervorragende Infrastruktur und direkte Demokratie. Wenn ich ein Anliegen habe, kann ich es mitteilen – ich werde gehört und kann etwas bewegen.

Soziale Gerechtigkeit: Woran man merkt, dass eine Gesellschaft nicht in Klassen unterteilt ist? Der Verwaltungsratspräsident der Post kommt mit dem Kleinwagen zum Meeting, und Bundesräte fahren mit dem Zug oder Velo zur Arbeit. Als Unternehmer möchte ich meinen Beitrag dazu leisten, dass es so bleibt – und die Löhne in der Schweiz bezahlen, auch wenn sie höher sind als im Ausland.

Fachkräfte: Im internationalen Vergleich haben wir sehr gut ausgebildete Leute. Das Aus- und Weiterbildungssystem der Schweiz ist top. Wir selbst bilden Lernende in verschiedenen Berufen aus und sind stolz darauf, dass viele von ihnen bei uns bleiben.

Kein Fachkräftemangel, dafür Berufsstolz

Dazu gehört auch, dass die Kyburz Switzerland AG ihre Fahrzeuge weiterhin in der Schweiz produziert. In der grossen neuen Fertigungshalle in Embrach (ZH) werden die vorgefertigten Teile montiert und die Fahrzeuge nach Kundenwunsch ausgestattet. Die Komponenten für die Kyburz-Fahrzeuge stammen von Zulieferern aus dem In- und Ausland. «Das Wichtigste ist, dass die Leute stolz auf ihre Arbeit sind», sagt Martin Kyburz. Er scheint vieles richtig zu machen – unter Fachkräftemangel leidet sein Unternehmen jedenfalls nicht.

 

Kyburz revolutioniert das Recycling von Batterien

«Mein Wunsch ist es, dass wir den Energiehaushalt regeln können. Dass wir nicht mehr verbrauchen, als uns zur Verfügung steht. Dass wir unsere Rohstoffe pfleglich behandeln und nicht verschwenden.» Dafür setzt sich Martin Kyburz ein, indem er Innovation und Entwicklung laufend vorantreibt. So hat sein Team jüngst ein weltweit einzigartiges Verfahren entwickelt, mit dem sich Lithiumbatterien recyclen lassen. «Wir sind noch nicht in der praktischen Umsetzung, doch die Empa hat bestätigt, dass das Verfahren funktioniert. Wir haben derzeit eine Anlage als Prototyp in Betrieb und möchten diese in Zusammenarbeit mit einer deutschen Firma serienreif machen.» Das Grundverfahren liess Martin Kyburz bewusst nicht patentieren – nur die weitergehenden Verfahren. «Ich möchte, dass die Leute an der Sache weiterforschen und sich die Technologie verbreitet. Das ist mir wichtiger, als Geld damit zu verdienen.»

Elektrofahrzeug von Kyburz Switzerland AG

Kyburz: Elektrofahrzeug-Hersteller seit 1991

Die Kyburz Switzerland AG wurde 1991 von Martin Kyburz gegründet und hat ihren Standort in Embrach ZH. Das Unternehmen mit rund 170 Mitarbeitenden entwickelt, produziert und vertreibt hochwertige Elektrofahrzeuge für Zustellbetriebe, Industrie und Privatpersonen. Weltweit sind über 30'000 Kyburz-Fahrzeuge im Einsatz. Das bekannteste Modell, der KYBURZ DXP, prägt als Zustellfahrzeug der Post das Schweizer Strassenbild.