Marktkommentar – Ein Blick auf die Börsenwoche

Die Entwicklung der Aktienmärkte stimmte Anleger im November versöhnlich. Die Jahresendrally scheint vorgezogen. Das freut Investoren, ändert aber nichts daran, dass die konjunkturelle Dynamik nachlässt. Vorsicht ist geboten.

Chart der Woche

Sind US-Aktien wirklich gefragt?

Kursentwicklung Russell 2000 vs. S&P 500, indexiert

Unterschiedliche Ausgangslage

Quellen: Bloomberg, Raiffeisen Schweiz CIO Office

Die Aktienkursrally im November hat den gesamten US-Markt erfasst. Rund 10% haben die 500 grössten US-Unternehmen, die im S&P 500 vertreten sind, an Wert gewonnen. Das ist etwa gleich viel wie die 2000 kleineren und mittelgrossen Firmen des Russell 2000. Ganz anders sieht die Entwicklung seit Anfang Jahr aus. Getrieben von den grossen Technologiewerten hat der S&P 500 rund 18% zugelegt, während der breite Markt auf der Stelle getreten ist. Anleger sollten deshalb vorsichtig sein, denn die Hausse ist nicht breit abgestützt und entsprechend schnell kann die Stimmung kippen.

Aufgefallen

USA wächst noch schneller

Das US-Bruttoinlandsprodukt hat im dritten Quartal nicht um 4.9%, sondern um 5.2% zugelegt, wie revidierte Zahlen zeigen. Damit brummt die Wirtschaftslokomotive noch stärker als erwartet.

Auf der Agenda

Schweizer Inflation

Am 4. Dezember werden die Schweizer Inflationszahlen veröffentlicht. Dann zeigt sich, wie stark die gestiegenen Mieten die Teuerung beeinflussen.

«Window Dressing» schon im November

Nach einem turbulenten Oktober tendierten die Börsen im November freundlich. Der Swiss Market Index (SMI) legte um 4.5% zu, der europäische STOXX 600 um 6.5% und der US-amerikanische S&P500 um 8.9%. Damit dürfte ein Grossteil der Jahresendrally bereits vorweggenommen worden sein. Das zeigt sich auch an den Aktien, die im abgelaufenen Monat besonders gefragt waren. Dazu gehören die Titel des Vermögensverwalters Partners Group, des Hörgeräteherstellers Sonova und des Zementherstellers Holcim. Aktien, die auch seit Anfang Jahr vorne liegen. Die Vermutung liegt somit nahe, dass «Window Dressing» bereits in vollem Gange ist. Dabei kaufen Vermögensverwalter zum Jahresende hin die Gewinneraktien des Jahres, um sie im Jahresauszug zeigen zu können. Anleger wären wahrscheinlich besser beraten, bei den Nachzüglern auf Schnäppchenjagd zu gehen. Roche und Lonza haben dieses Jahr 18.7% bis 25.3% an Wert eingebüsst.

 

Positive Nachrichten von Schweizer Unternehmen

Der Pharmakonzern Novartis hat anlässlich des Investorentages das Umsatzwachstumsziel von 4% auf 5% erhöht. Ambitioniertere Umsatz- und Margenziele setzt sich auch das Industrieunternehmen ABB. Aufgrund einer verbesserten Auftragslage beendet der Hersteller von Vakuumpumpen VAT die Kurzarbeit in der Schweiz. Eine Anhebung der Jahresprognose hat auch die Industrie- und Handelsgruppe Orell Füssli kommuniziert. Der Bäckereikonzern Aryzta hat den Umsatz von August bis Oktober zwar gesteigert, die Erwartungen des Marktes aber verfehlt. Obwohl Investoren mit Gewinnmitnahmen reagierten, gehören die Titel mit einem Plus von über 40% dieses Jahr immer noch zu den Gewinnern. Der Pharma- und Chemiezulieferer Dottikon hat im Ende September abgelaufenen ersten Halbjahr zwar mehr Umsatz, aber weniger Gewinn erwirtschaftet. 

 

Vertrauen ist alles bei Banken

Die Aktien der Privatbank Julius Bär tauchten diese Woche weiter. Um gut zwei Milliarden Franken ist die Marktkapitalisierung der Bank geschrumpft, seit bekannt wurde, dass das Institut einen Kredit an den österreichischen Unternehmer René Benko und seine inzwischen insolvente Signa Gruppe vergeben hat. Das Unternehmen ist wegen gestiegener Zinsen und Baukosten in arge Schieflage geraten. Damit wiegt der Vertrauensverlust der Investoren ungemein schwerer als ein möglicher Totalabschreiber, denn der Kredit umfasst 606 Millionen Franken. Gut möglich, dass den Anlegern der Absturz der Credit Suisse (CS) noch in den Knochen sitzt. Dafür spricht auch, dass das Wort des Jahres 2023 «Monsterbank» ist. 

 

Weihnachtsshopping läuft auf Hochtouren

Der Black Friday gilt – vor allem in den USA –als Startschuss für Weihnachtseinkäufe. Der Erfolg lässt sich an den Zahlen ablesen: Online wurden rekordhohe 9.8 Milliarden US-Dollar umgesetzt, was einer Zunahme von 7.5% gegenüber dem Vorjahr entspricht. Bereits an Thanksgiving wurde online für 5.6 Milliarden US-Dollar eingekauft. Schätzungen gehen davon aus, dass am darauffolgenden Wochenende und am Cyber Monday nochmals für rund 22 Milliarden US-Dollar geshoppt wurde. Damit zerstreut der US-Konsument etwelche Zweifel, dass er aufgrund von Inflation und gestiegenen Zinsen in der Bredouille steckt. Dennoch ist zu beachten, dass die Umsätze zwar zugelegt haben, wegen der Teuerung aber weniger Produkte gekauft wurden.  

 

Charlie Munger ist tot

Warren Buffetts Geschäftspartner, Charlie Munger, ist am vergangenen Dienstag im Alter von 99 Jahren verstorben. Obwohl er für viele im Schatten von Warren Buffett stand, spielte er eine zentrale Rolle. So soll er die treibende Kraft hinter dem Einstieg in den Technologiesektor gewesen sein. Apple ist mittlerweile die grösste Position im Portfolio ihres Anlagevehikels Berkshire Hathaway. Was sie neben einer Freundschaft aus Jugendzeiten verbunden hat, ist die Anlagephilosophie des «Value Investing» von Benjamin Graham.